Geschäftsführervertrag & Geschäftsführer Anstellungsvertrag in der GmbH
Ein Leitfaden für Unternehmer und Geschäftsführer
Der Geschäftsführer ist in der Praxis das mit Abstand wichtigste Organ der GmbH. Der Geschäftsführer kontrolliert die Tätigkeiten der Gesellschaft und ist damit faktisch für alles innerhalb der GmbH verantwortlich. Egal ob zufriedene Mitarbeiter, sensationelle Umsätze oder herausragende Gewinne: Der Geschäftsführer ist am Ende immer für alles zuständig – erst Recht, wenn die Dinge einmal schief gehen sollten.
Umso wichtiger ist ein klares Regelwerk zu den Rechten und Pflichten des Geschäftsführers im Verhältnis zur GmbH. In diesem Beitrag finden Unternehmer, CEO’s, Beiräte, Gesellschafter und Geschäftsführer (und alle, die es werden wollen) alles Wichtige zum Geschäftsführeranstellungsvertrag.
Und zur Vermeidung von Missverständnissen: In der Praxis werden Begriffe wie „Geschäftsführervertrag“, „Geschäftsführerdienstvertrag“ „Geschäftsführeranstellungsvertrag“ oder auch „Arbeitsvertrag für Geschäftsführer“ gleichzeitig verwendet, meinen im Ergebnis aber alle das Gleiche:Den Dienstvertrag nach § 611 BGB zwischen GmbH und Geschäftsführer über Lohn, Urlaub, Arbeitszeiten und weitere typische Regelungen für GmbH-Geschäftsführer.
Geschäftsführer ohne Anstellungsvertrag – geht das?
Es hält sich ein hartnäckiges Gerücht, wonach jeder Geschäftsführer einen Anstellungsvertrag benötigt. Das ist falsch. Man kann problemlos Geschäftsführer sein, ohne einen Geschäftsführerdienstvertrag unterschrieben zu haben. Denn Geschäftsführer werden zunächst (nur) zum Organ der GmbH bestellt. Aus dieser organschaftlichen Stellung des Geschäftsführers erwächst aber kein Lohn- oder Vergütungsanspruch des Geschäftsführers, weshalb der weitere Abschluss eines Geschäftsführervertrags erforderlich ist, soll der Geschäftsführer eine Vergütung erhalten.
Praxishinweis: Gerade im Konzernbereich ist es üblich, dass einzelne Führungspersonen gleichzeitig Geschäftsführer mehrerer Tochtergesellschaften sind. Sein Gehalt bekommt der Geschäftsführer aber nicht von der jeweiligen Tochtergesellschaft, sondern von der Konzern-Holding. Beispiel Schifffahrt oder Erneuerbare Energien: Hier gehören zu einer Reederei oder einem Projektentwickler nicht selten über 100 Projektgesellschaften, die alle die gleichen Geschäftsführer haben.
Die Rechtsstellung dieser Geschäftsführer richtet sich zur jeweiligen Projektgesellschaft (nur) nach dem Organverhältnis, dass zu Vergütung, Arbeitszeit und Urlaub keine Aussagen trifft. Diese wichtigen Themen werden vielmehr in einem einheitlichen Anstellungsvertrag, dem Geschäftsführerdienstvertrag, zwischen der Konzern-Holding und dem Geschäftsführer geregelt.
Wichtig: Gibt es keinen Geschäftsführervertrag, gibt es auch keinen Anspruch auf Lohn oder Gehalt des Geschäftsführers. Gleiches gilt für Urlaub, Dienstwagen, Haftungsbeschränkungen und weitere, für Geschäftsführer und Gesellschafter gleichsam wichtige Themen.
Übersicht: Diese 10 Punkte regelt jeder gute Geschäftsführervertrag (mindestens).
| 1. Pflichten des Geschäftsführers, Aufgabengebiet | Zuweisung des Aufgabengebietes und ggf. Abgrenzung der Aufgabenbereiche im Rahmen einer Ressortzuständigkeit |
| 2. Einschränkungen der Vertretungsbefugnis; Zustimmungspflichtige Geschäfte | Weil die Vertretungsbefugnis eines Geschäftsführers im Rechtsverkehr nicht beschränkt werden kann (ein Geschäftsführer kann alle Geschäfte für die GmbH abschließen), bedarf es einer vertraglichen Einschränkung seiner Vertretungsbefugnis. Oft erreicht über einen Katalog zustimmungspflichtiger Rechtsgeschäfte wie etwa Kauf von Immobilien, Aufnahme von Krediten oder Änderungen des Geschäftsmodells. |
| 3. Vergütung und Bonus | Monatliche Lohnzahlung und Vereinbarung über einen etwaigen Bonus bei Erreichen bestimmter Unternehmensziele. |
| 4. Dienstwagen und weitere Leistungen | Egal ob Dienstwagen, Diensthandy, Renten- oder Krankenversicherung: Der Geschäftsführer bekommt nur das, was im Vertrag geregelt ist. Wichtiger Unterschied zu „normalen“ Angestellten. |
| 5. Urlaub | Früher 20 Tage, heute meist 25 Tage oder mehr pro Jahr. |
| 6. Entgeltfortzahlung bei Krankheit | Der Geschäftsführer hat keinen gesetzlichen Anspruch auf Lohnfortzahlung bei Krankheit. Daher ist eine Regelung unverzichtbar. |
| 7. Kündigung, Abfindung | Für Geschäftsführer gilt kein Kündigungsschutz. Eine Regelung über Kündigungsfristen sorgt daher im beidseitigen Interesse für Transparenz. Wichtig: Abfindungsregelung nicht vergessen, soll der Geschäftsführer kurzfristig kündbar sein. |
| 8. Haftungsbegrenzung | Der Geschäftsführer haftet nach der gesetzlichen Konzeption für alles und unbeschränkt. Will man als Gesellschafter einen Top-Kandidaten für sein Unternehmen gewinnen, wird man daher um eine Beschränkung der Haftung nicht herumkommen. |
| 9. D&O | Die D&O-Versicherung für Geschäftsführer entspricht der Berufshaftpflichtversicherung von Ärzten oder Anwälten. Wer als Unternehmer möchte, dass der Geschäftsführer selbstbewusste Risikoentscheidungen für das Unternehmen trifft, muss das Haftungsrisiko des Geschäftsführers über eine D&O-Versicherung abnehmen. D&O steht für „Directors & Officers“, also eine Versicherung für Geschäftsleiter. |
| 10. Gerichtsstand, Streitige Verfahren | Wer muss im Fall der Fälle wo klagen? Das regelt die Gerichtsstandsvereinbarung. |
Gehalt – Was darf, was muss ein Geschäftsführer verdienen?
Im Durchschnitt verdient ein GmbH-Geschäftsführer in Deutschland jährlich zwischen 100.000,- EUR und 300.000,- EUR. Bei kleineren GmbHs in Handel und Handwerk mit bis zu 1 Million Euro Jahresumsatz liegt das Geschäftsführergehalt jährlich bei ca. 160.000,- Euro. Grundsätzlich darf ein Geschäftsführergehalt frei ausgehandelt werden, es gibt weder nach oben noch nach unten eine Grenze. Doch gibt es Sondersituationen, die steuerlichen Schranken unterliegen, insbesondere, wenn der Geschäftsführer kein unabhängiger Dritter, sondern ein (Mehrheits-)Gesellschafter der GmbH ist. Denn in diesen Fällen wird das Gehalt nicht frei ausgehandelt, sondern von dem Geschäftsführer als Unternehmer und Gesellschafter selbst bestimmt.
Kann ein Geschäftsführer zu viel verdienen?
Ja, insbesondere der Gesellschafter-Geschäftsführer einer ertragsstarken GmbH kann zu viel verdienen. Das Gehalt wird dann vom Finanzamt nicht in voller Höhe anerkannt, sondern als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt. Denn auf das Gehalt eines Gesellschafter-Geschäftsführers fallen weniger Steuern an als auf Gewinnausschüttungen einer GmbH – jedenfalls wenn man eine Vollausschüttung in Höhe des Gehalts unterstellt. Gesellschafter-Geschäftsführer haben daher aus steuerlichen Gründen ein Interesse an einem eher hohen Gehalt, während das Finanzamt (übermäßig) hohe Gehälter prinzipiell als problematisch einstuft.
Praxishinweis: Folgende Indizien sprechen (eher) für ein zulässiges Gehalt:
- Variable Bestandteile machen max. 20% des Fixgehalts aus;
- Das Gehalt wird dauerhaft gezahlt und nicht „nach Kassenlage“ angepasst;
- Die GmbH macht nach Zahlung des Gehalts einen zu versteuernden Gewinn, der mindestens bei 50% des Gehalts des Geschäftsführers liegt.
Kann ein Geschäftsführer zu wenig verdienen?
Nein. Weil es grundsätzlich keine Vergütungspflicht für Geschäftsführer gibt, kann ein Geschäftsführergehalt grundsätzlich auch nicht zu gering sein. Insbesondere gilt für Geschäftsführer kein Mindestlohn. Stattdessen geht der Gesetzgeber davon aus, dass jeder, der Geschäftsführer ist, über ein solches Wissen und Verhandlungsmacht verfügt, dass er nicht in gleicher Art wie ein Arbeitnehmer schutzbedürftig ist.
Sozialversicherung – sind Geschäftsführer befreit?
Grundsätzlich unterliegen auch GmbH-Geschäftsführer der Sozialversicherungspflicht, müssen also entsprechende Beiträge an die Sozialversicherung zahlen.
Früher gab es in der Praxis hiervon weitgefasste Ausnahme- und Gestaltungsmöglichkeiten bei Familienunternehmen. Diese sind seit dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 11. November 2015 (Az: B 12 R 2/14 R) geschlossen und grundsätzlich alle GmbH-Geschäftsführer zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen verpflichtet.
Eine Ausnahme gibt es nur noch bei Gesellschafter-Geschäftsführern (also regelmäßig geschäftsführende Gesellschafter mittelständischer Familienunternehmen), die mindestens 50% der GmbH-Anteile halten.
Geschäftsführende Minderheitsgesellschafter, die weniger als 50 % der GmbH-Anteile halten, gelten in der Regel als sozialversicherungspflichtig, da sie in einer abhängigen Beschäftigung stehen. Eine Ausnahme besteht nur, wenn sie laut GmbH-Satzung über eine qualifizierte Sperrminorität verfügen, die es ihnen erlaubt, wesentliche Entscheidungen der Gesellschafterversammlung zu blockieren und dadurch erheblichen Einfluss auf die Unternehmensführung auszuüben.
Haftung vermeiden, D&O-Versicherung
GmbH-Geschäftsführer haften nach § 43 GmbHG voll und persönlich der GmbH gegenüber für Pflichtverletzungen im Rahmen ihrer Geschäftsführung. Besonders kritische Tätigkeitsbereiche sind Fehler (auch: Verspätungen) bei der Insolvenzanmeldung oder bei Steuererklärungen, ferner im Bereich Compliance und Wettbewerbsrecht.
Um die Geschäftsführer nicht durch die „Angst vor Haftung“ in ihrer täglichen Tätigkeit zu „lähmen“, enthalten die meisten Geschäftsführeranstellungsverträge Haftungsbegrenzungen oder jedenfalls Versicherungslösungen über eine D&O-Versicherung.
Bei mehreren Geschäftsführern hat sich eine Aufteilung der verschiedenen Zuständigkeitsbereiche über eine Ressortaufteilung bewährt. Denn ein Geschäftsführer haftet nicht für Fehler seines geschäftsführenden Kollegen in dessen Ressortbereichen.

Wettbewerbsverbote
Wettbewerbsverbote werden praktisch in allen Geschäftsführerverträgen adressiert. Zum einen, weil die gesetzlichen Wettbewerbsverbote in der Praxis meist als nicht ausreichend gelten dürften. In anderen Fällen hingegen haben sich Wettbewerbsverbote nicht als zweckdienlich erwiesen, sodass die Parteien ausdrücklich hiervon abweichen möchten und klarstellen, dass der Geschäftsführer ausnahmsweise keinem Wettbewerbsverbot unterliegen soll.
In Vertragsverhandlungen ist die Reichweite des Wettbewerbsverbot des GmbH-Geschäftsführer oft das zentrale Thema. In welchem örtlichen, sachlichen und zeitlichen Grenzen soll das Wettbewerbsverbot des GmbH-Geschäftsführers gelten? Soll der GmbH-Geschäftsführer nach Ende seiner Anstellung, etwa aufgrund von Kündigung, weiter vom Wettbewerbsverbot betroffen sein? Und falls ja, welche Kompensation in Form einer Karenzentschädigung soll der Geschäftsführer dafür erhalten, dass er für einen festen Zeitraum „aus dem Markt genommen“ wird? Diese Fragen müssen die Parteien bei der Verhandlung des Wettbewerbsverbotes lösen.
Achtung: Viele Wettbewerbsverbote werden in der Praxis von den Gerichten nicht anerkannt. Häufigster Fehler ist eine zu geringe oder gar ganz fehlende Karenzentschädigung, also eine Abgeltungszahlung dafür, dass der Geschäftsführer seiner Tätigkeit nach Beendigung der Anstellung nicht nachgehen kann.
Kündigungsmöglichkeiten und fristlose Kündigung
Die meisten Geschäftsführerverträge werden auf „unbestimmte Zeit“ abgeschlossen, haben also kein festes Ende. Solche Geschäftsführerverträge sind grundsätzlich nur im Rahmen der vertraglichen Kündigungsfristen kündbar. Die Dauer dieser sogenannten „ordentlichen“ Kündigungsfristen sind ein zentraler Verhandlungsgegenstand bei Geschäftsführerverträgen.
In der Praxis sind auch festen Laufzeiten des Geschäftsführervertrags (etwa drei bis fünf Jahre) keine Seltenheit. In den Vertragsverhandlungen wird dann die Laufzeit und die Möglichkeit der automatischen Verlängerung des Geschäftsführervertrags ein wichtiger Punkt sein.
Die meisten Streitigkeiten in Zusammenhang mit Geschäftsführerverträgen drehen sich um die Frage der außerordentlichen Kündigungsmöglichkeit des Geschäftsführervertrags. Meistens verlangen die Gesellschafter den Austausch des Geschäftsführers, etwa weil die wirtschaftlichen Ergebnisse des Unternehmens nicht zufriedenstellend sind. Oft werden dem Geschäftsführer dann wesentliche Fehler vorgeworfen, die zu einer fristlosen, also sofortigen Kündigung berechtigen sollen.
Praxishinweis: Ein Geschäftsführer kann jederzeit und ohne Begründung aus seinem Amt entfernt werden (Beendigung der organschaftlichen Stellung des Geschäftsführers). Diese Beendigung lässt aber Geschäftsführervertrag unberührt. Der Geschäftsführervertrag läuft bis zur nächsten Kündigungsmöglichkeit weiter. Wer einen Geschäftsführer aus dem Amt entfernt, muss trotzdem dessen Gehalt bis zum Ablauf der festen Vertragslaufzeit (oder nächster Kündigungsmöglichkeit) zahlen.
Eine Ausnahme gilt nur bei einer fristlosen, außerordentlichen Kündigung. Eine fristlose Kündigung ist nur bei schweren Fehlern des Geschäftsführers zulässig und kann nicht im Geschäftsführervertrag eingeschränkt werden.
Diese 10 Fehler machen Unternehmer, wenn sie (Fremd-)Geschäftsführer einstellen
- Keine klar formulierten Ziele; Folgestreitigkeiten über Zielerreichung und Bonuszahlungen.
- Zuständigkeitsbereiche des Geschäftsführers bleiben unklar; Geschäftsführer hat keinen klaren Fokus.
- Der Katalog der Zustimmungsbedürftigen Geschäfte ist zu eng; der Geschäftsführer sitzt nur noch beim Unternehmer und bittet um Zustimmung zu Geschäftsführungsmaßnahmen, statt den Unternehmer durch das Treffen eigener Entscheidungen zu entlasten.
- Die Bonusregelung ist intransparent; der Geschäftsführer fühlt sich daher „eingeladen“ nach seinem Ausscheiden hohe Bonuszahlungen über einen Anwalt zu verlangen.
- Das Wettbewerbsverbot ist unwirksam.
- Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen wird im Business Plan nicht berücksichtigt.
- Kündigungsfristen zu lang.
- Festlaufzeit des Vertrags zu lang.
- Geschäftsführer wurde nicht ausreichend auf Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft getestet und der Geschäftsführervertrag gibt dem Unternehmer keine Handlungsmöglichkeiten, den Auswahlfehler ohne große Kosten zu korrigieren.
- Ressortzuteilung und Compliance existieren nur auf dem Papier; Verwirkung von Durchgriffsmöglichkeiten gegenüber dem Geschäftsführer.
Diese 10 Fehler machen Geschäftsführer bei Abschluss ihres Geschäftsführervertrags
- Unklare Bonusregelungen.
- Unklare Ziele.
- Übernahme von zu viel Verantwortung durch zu weite Ressortzuweisungen.
- Grenzen des übernommenen Ressorts sind unklar, Haftung daher weit.
- Haftungsbeschränkung für die konkrete Tätigkeit nicht angemessen oder nicht existent.
- Kein ausreichender Versicherungsschutz über D&O-Versicherung, potentiell existenzbedrohliche Haftung.
- Fokus auf Gehalt statt Gesamtpaket mit Dienstwagen, Altersvorsorge und Krankenversicherung.
- Zu kurze Kündigungsfristen, die den nahtlosen Übergang in einen neuen Job unmöglich machen und zu kritischen Liquiditätsengpässen im privaten Bereich/Familie führen können.
- Zu enges Wettbewerbsverbot.
- Zu geringe Karenzentschädigung.
